HAKB goes archaeology (28.6.2017)

Am bisher heißesten Tag des Jahres wurde den Studierenden und Lehrenden der Abendschule von der Archäologiestudentin Frau Sommer hautnah der aktuelle Grabungsabschnitt auf dem Domplatz sowie die Möglichkeiten am PC und die Analyseergebnisse der Skelettuntersuchungen geschildert.

Frau Sommer erklärte uns, dass vor der Neugestaltung des Domplatzes  im Jahr 2018 archäologische Untersuchungen, an denen derzeit 20 Mitarbeiter arbeiten,  gesetzlich vorgesehen sind.  Auch im Klostergarten wurden bereits Ausgrabungen gemacht. Alle Grabungsfotografien und digitalen Pläne werden an das Bundesdenkmalamt geschickt. Die Summe der archäologischen Daten hat bisher ein Volumen von ca. 20 Terabyte.

 

Auf dem Domplatz, bis 1779 der Stadtfriedhof St. Pöltens, wurden seit 2010 über 13.000 Skelette (Anfang November sind es sogar schon 13.800), die später alle wieder bestattet werden sollen, freigelegt, fotografiert und mit zum Teil erstaunlichen Ergebnissen analysiert: Die ältesten Skelette stammen laut C14-Analyse spätestens aus dem 9. Jahrhundert. 40 Prozent aller Bestatteten waren Kinder, da es natürlich weder Impfungen noch Antibiotika und zudem eine schlechte Ernährung gab. In einem Sammelgrab - eventuell ein Armengrab - wurden an die 500 Skelette mit einer Verformung der Schädeldecke gefunden, die auf eine Gehirnhautentzündung schließen lässt. Ein Skelett wurde mit einem umgestülpten Topf im Beckenbereich gefunden, was vorerst zu verschiedenen Vermutungen führte. Erst ein Fund in Zwettl, wo sich ein noch erhaltener Holzkelch unter dem Topf vorfand, ließ den Schluss zu, dass es sich um einen Priester gehandelt hat. Weitere Fundstücke sind beispielsweise Gewandfibeln und Gürtelgarnituren. Aus der Barockzeit, in der die Verabschiedung bei offenem Sarg üblich war, fand man als Grabbeigaben Jakobsmuscheln (für Pilger des Jakobswegs), eine Totenkrone aus Perlen für Unverheiratete oder eine Münze mit einem Loch und der Jahreszahl 1598, die als Taschensonnenuhr verwendet worden war.

 

Natürlich wurden auch öfters Gräber bei der Platzgestaltung nach Auflassung des Friedhofs oder beim Leitungsbau zerstört, da sich manche Gräber gleich unter dem Erdboden befanden.

 

Derzeit kann man das erste Gebäude der Stadt, die unter dem römischen Kaiser Hadrian (seine Regierungszeit begann 117 n. Chr.) gegründet wurde, bewundern. Aus dem 4. Jahrhundert wurde eine große private Badeanlage mit Fußbodenheizung, wasserfestem Mörtel und einer umgebenden Mauer aus vielen kleinen Pfosten entdeckt. Der Estrich ist bis heute wunderbar erhalten. Sklaven bedienten damals die Fußbodenheizung, in der heiße Luft durchgeblasen wurde.

 

Man nimmt an, dass die Stadt selbst zwischen dem 5. und 8. Jahrhundert verlassen war, da es aus dieser Zeit keine Funde gibt.

 

Im 8. Jahrhundert wird die vorher genannte private Badeanlage für eine christliche Kirche wiederverwendet. Über dieser Kirche wird 1133 eine weitere romanische Kirche gebaut, die von einem Friedhof umgeben war. Später wurde darüber eine gotische Kirche neu errichtet. Diese mittelalterliche Kirche wurde teilweise direkt in die Skelette des Friedhofs hineingebaut. Außerdem traten Fundamente einer Doppelkapelle mit gotischen Chorpfeilern zum Vorschein, die einerseits als Beinhaus für Schädel und Langknochen und andererseits als Kapelle gedient hatte.

 

Die spätmittelalterliche Latrine war eine weitere reiche archäologische Fundgrube, in der man z.B.  Austernschalen oder auch die „Hexe von St. Pölten“ fand, die zur Befestigung eines Kienspans diente.

Frau Sommer betonte abschließend, dass Besucher bei Workshops und Führungen nach Voranmeldung immer herzlich willkommen sind.

 

(Mag. Brigitte Bauer)